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„Auf die erste Prägung kommt es an“

Neutestamentler Professor Dr. Martin Ebner zu Gast an Würzburger Universität – Erster Vortrag der Reihe „Theologie treiben mit Würzburger Wurzeln“

Würzburg (POW) „Ich bin für meine Würzburger Prägung dankbar. Für mich ist das eine Lehre, was meine eigene Lehrtätigkeit angeht: Es kommt auf die erste Prägung an.“ Dieses persönliche Resümee hat der Bonner Neutestamentler Professor Dr. Martin Ebner bei einem Gastvortrag an der Würzburger Universität gezogen. Der in Schweinfurt geborene Theologe eröffnete die Vorlesungsreihe „Theologie treiben mit Würzburger Wurzeln“, die der Verein der Freunde und Förderer der Katholisch-Theologischen Fakultät in Kooperation mit Fakultät und Katholischer Akademie Domschule ins Leben gerufen hatte.

In seinem durch biographische Schlaglichter und Anekdoten illustrierten Vortrag „Exegese zwischen den Fronten“ beschäftigte sich Ebner mit aktuellen Fragen und Herausforderungen der Bibelwissenschaft. In der Neuen Universität am Sanderring brach der Bibliker dabei eine Lanze für die oftmals kritisierte historisch-kritische Bibelauslegung. Diese fragt mit wissenschaftlichen Kriterien nach Entstehungssituation und Entwicklung biblischer Texte. Für Ebner, von 1991 bis 1997 Assistent am Biblischen Institut, ist sie die weiterhin unverzichtbare und grundlegende Methode der Textinterpretation. Ihre Kriterien und Erkenntnisse seien in Würzburg, nicht zuletzt durch die Professoren Rudolf Schnackenburg, Karlheinz Müller und Hans-Josef Klauck, seit langem und ganz selbstverständlich praktiziert und weitergegeben worden. Diese exegetische Ausbildung habe es ihm ermöglicht, „meinen in Würzburg begonnenen Weg fortzusetzen, leicht modifiziert, aber nichtsdestotrotz klar und eindeutig“, sagte der 55-Jährige.

Biblische Texte stünden in Kommunikation mit konkreten Menschen in konkreten historischen Situationen, sie sprächen in diese Situationen hinein, sagte der erst vor kurzem von Münster an den Rhein gewechselte Bibelwissenschaftler. Die Texte der Bibel seien nicht fertig vom Himmel gefallen, sondern von Menschen für Menschen geschaffen und für die jeweilige Gegenwart immer wieder neu modifiziert worden, nicht selten in Auseinandersetzung mit älteren Traditionen. „Die Schrift selbst ist ein Traditionsgeflecht, das in sich höchst beweglich und spannungsreich ist. Die Brüche in diesen Traditionsströmen gehören zu unserer Identität“, betonte Ebner. Was dabei verändert, zurückgestellt oder ganz weggelassen wurde, bleibe dennoch als Möglichkeitsform in den Schriften aufbewahrt. „Ihr Christen, erinnert euch eurer Traditionsbrüche und der ungenutzten Traditionsmöglichkeiten. Entwickelt daraus Gedanken- und Handlungsfreiheit!“ – so laute das Plädoyer der historisch-kritischen Bibelwissenschaft. Zurückhaltend äußerte sich Ebner gegenüber der so genannten kanonischen Exegese, die gerade in jüngerer Zeit an Einfluss gewonnen habe. Diese schalte oft zu schnell die historische Verortung der Texte aus, indem sie sie in den Kontext des gesamten Kanons, der von der Kirche als verbindlich festgesetzten Sammlung biblischer Bücher, versetze. Dadurch laufe sie Gefahr, die Vielstimmigkeit und Vielfalt der Bibel einer binnenkirchlich verlockenden „Einheit“ zu opfern. „Als Exeget sehe ich mich als Diener und Hüter des Textes. Die Kunst biblischer Theologie ist es, die eigene Gegenwart und Vergangenheit im Spiegel der Traditionen so zu erzählen, dass der Schritt ins morgen zuversichtlich gegangen werden kann“, sagte der Neutestamentler.

Weiter betonte Ebner die zentrale Rolle, die eine zeitgemäße Sprache und gute Verständlichkeit bei der Vermittlung wissenschaftlicher Forschung spielten. „Ich frage mich, ob Exegese vielleicht nicht auch deswegen kaum in die Öffentlichkeit und schon gar nicht in die Predigten vorgedrungen ist, weil sie nicht genügend Mut hat, die Sprache der Zeit zu sprechen und sich an den Sprachformen der Zeit zu schulen“, sagte Ebner nachdenklich. Zugleich bedauerte er den Produktivitätsdruck, dem Wissenschaftler ausgesetzt seien. Drittmitteleinwerbung und Fundraising benötigten immer mehr Zeit – Zeit, die nicht selten dann für gründliche Forschung fehle. Grundsätzliche Überlegungen zur Beziehung von Theologie und Kirche rundeten die Ausführungen ab. Eine wichtige Aufgabe sprach Ebner dabei der Frage nach dem Verhältnis von Faktum und Deutung zu. Eine der wesentlichen Erkenntnisse moderner Geschichtswissenschaft sei es, dass Fakten und Ereignisse erst dadurch Bedeutung bekämen, dass sie gedeutet und so in einen größeren Zusammenhang gestellt würden. Um solche Deutungen aber werde seit jeher auch gestritten. „Wenn theologische Wissenschaft anschlussfähig bleiben will, kann sie sich diesem Paradigma nicht verschließen“, mahnte Ebner. Zugleich warnte er vor der Versuchung, Deutungen als Fakten erklären zu wollen. In den Deutungen zeigten sich Grundoptionen, prägende Einstellungen, letztlich die christlichen Glaubensentscheidungen. Und die seien zur Sprache zu bringen, erklärte Ebner.

(5011/1326; E-Mail voraus)

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