Würzburg (POW) Sie gilt als eines der wichtigsten Ereignisse in Deutschland nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil: Am 3. Januar 1971 begann im Würzburger Dom die konstituierende Sitzung der Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland. Am 23. November 1975 endete sie nach knapp fünfjähriger Tätigkeit mit der Schlussansprache des Präsidenten der Synode, Kardinal Julius Döpfner. Die acht mehrtägigen Vollversammlungen mit über 300 Mitgliedern brachten 18 Beschlusstexte hervor, die viel Beachtung fanden. An deren Erstellung wirkten als von der Diözese Würzburg entsandte Mitglieder Domkapitular Paul Bocklet, Bildungsreferentin Edeltrud Hohmann, Diözesansekretär Hermann Müller, Richter Albin Nees, Subregens und Pfarrer Heinz Röschert, der Student Bernd Spies, die Diplom-Psychologin Helga Strätling-Tölle und Pfarrer Erich Ziegltrum mit. Leiter der gesamten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit war der langjährige Medienreferent der Diözese Würzburg, Prälat Berthold Lutz. Mit Paul Bocklet und Fred Krämer bildete er auch das so genannte Lokalbüro oder Lokalkomitee.
Prälat Paul Bocklet (1928-2009), damals Leiter des Organisationsbüros der Synode und von der Diözese Würzburg entsandter Synodale, sagte im Jahr 2000 in einem Rückblick: „Es war ein Glück, dass die Würzburger Synode in unsere Stadt kam, und sie hat auch auf unser Bistum ausgestrahlt.“ Das Zweite Vatikanische Konzil war der Synode vorausgegangen, und die Synode war der Versuch, die Aufgaben des Konzils auch in das Land und in die deutsche Kirche zu übertragen. „Das ist uns, meine ich, auch geglückt.“ Ursprünglich war geplant gewesen, dass die Synode in Mainz und in Frankfurt stattfinden sollte. Doch dort waren die Voraussetzungen nicht so günstig wie in Würzburg, das in Deutschland zentral liegt. „Zunächst sperrte man sich, den Kiliansdom als Sitzungsraum umzugestalten, aber Kardinal Julius Döpfner von München bat Bischof Josef Stangl recht herzlich darum. So haben wir dann die Synode auf den Weg gebracht, und ich bin heute noch stolz, dass diese Synode in unserer Stadt Würzburg stattgefunden hat.“
Vor der Synode herrschte in der Kirche Aufbruchstimmung. Der Essener Katholikentag war 1968 vorausgegangen. Dort gab es große Spannungen zwischen verschiedenen Richtungen in der deutschen Kirche. Kardinal Döpfner regte daraufhin an, all diese Themen, die in der Kirche aufgebrochen waren, gemeinsam in einer Art Synode anzupacken. „Und daraus ist dann die Würzburger Synode gewachsen“, sagte Bocklet. „Ganz brisant“ war nicht nur in Bocklets Augen das Thema Ehe und Familie, nachdem Papst Paul VI. die Enzyklika „Humanae vitae“ herausgegeben hatte. „Ich möchte sagen, dass die Synodentexte zu Ehe und Familie und zur Sexualität viel zu wenig beachtet worden sind“, resümierte Bocklet im Jahr 2000. Es sei ein großer Beitrag der Kirche gewesen, dass die Synodalen den Mut hatten, dieses schwere Thema anzupacken, nachdem die 68er Generation „diese schreckliche Freiheit der Sexualität“ verkündet hatte.
Das zweite große Thema betraf die Jugend. Der Aufbruch nach dem Zweiten Weltkrieg war plötzlich in eine Krise geraten. „Und auch wir als Jugendseelsorger von der ersten Garde her waren nicht mehr fähig, dies aufzufangen. Darum musste man fragen: Wie gehen wir mit der heutigen Jugend um, nachdem die Jugend plötzlich ganz andere Ziele hatte, andere Aufgaben sah, beispielsweise die Öko-Frage oder den Frieden.“
Außerdem beschäftigte sich die Synode mit der Arbeiterschaft und den sozialen Fragen, erklärte Bocklet. in seinem Rückblick. „Aber auch die Religionslehrer, die bei der Synode sehr gut vertreten waren und gut vorgearbeitet hatten, waren in einer gewissen Krise, weil in den Schulen der Religionsunterricht nicht mehr so selbstverständlich angenommen wurde. Und ich muss sagen, auch dieses Synodendokument zum Religionsunterricht hat sich gelohnt.“ Noch ein Thema ist wohl erst durch die Würzburger Synode ins allgemeine Bewusstsein geraten, bilanzierte Bocklet: die Ökumene. „Damals stand sie erst am Anfang. Die Synode hat den Anstoß zur Ökumene gegeben. Aber auch auf die großen Fragen der Welt, wie Hunger oder Entwicklungshilfe, die Missionen und auch die Ordensgemeinschaften: alle diese Themen wurde von der Synode aufgegriffen.“
Einen ganz anderen Blick auf die Synode hatte – beruflich bedingt – Hugo Raps (81), langjähriger Mesner im Würzburger Dom. Er erinnert sich noch gut an den technischen Aufwand, der damals für die Synode betrieben wurde. Schon acht Tage vor dem offiziellen Beginn der Synode am 3. Januar 1971 wurde die Bischofskirche für die Öffentlichkeit gesperrt. Die Gottesdienste der Dompfarrei wurden alle ins Neumünster verlegt, damit die Vorbereitungen und die Synode selbst ungestört ablaufen konnten. Die Kirchenbänke wurden so platziert, dass ein Plenum entstand. „Die Reihen wurden blockweise aufgestellt, außerdem wurde auf den Armlehnen eine elektrische Abstimmungsanlage installiert. Dazu kamen Lautsprecher und Mikrofone.“
An der Tür zum Kiliansplatz befand sich das Podium der Synodenleitung. Gegenüber im Seitenschiff hatten die Journalisten und Beobachter ihre Sitze. „Wenn der Platz mal nicht gereicht hat, wurden kurzerhand die Stühle aus der Schönborn-Kapelle dazu geholt“, erinnert sich Mesner Raps. Bei Messen wurde kurzerhand der Chor zum Längsschiff: „Die Synodalen saßen im Chorgestühl, der Zelebrant stand, von der normalen Perspektive aus betrachtet, hinter dem Altar, mit Blick zum Chor.“ Der Zugang zum Dom erfolgte für alle während der Synode über das Sankt Burkardus-Haus. Als Ordnungsdienst und Saaldiener fungierten die Priesterseminaristen. „Unter ihnen waren auch der heutige Domdekan Monsignore Günter Putz und der heutige Domkapitular Dr. Helmut Gabel“.
Besonders nachdrücklich ist Raps der Einsatz des Synoden-Präsidenten Julius Kardinal Döpfner in Erinnerung geblieben. „Ob früh am Morgen vor dem offiziellen Beginn oder spät abends nach dem Ende des Tagungsbetriebs – Döpfner war da. Er war zweifellos einer der fleißigsten. Ich könnte nicht sagen, wann er einmal gefehlt hat.“
Während also die Synodalen um Inhalte und Formulierungen rangen, sorgten sich Raps und sein damaliger Kollege Stefan Wanger um den reibungslosen technischen Ablauf und um besondere Notfälle. Wie im Falle des Synodenteilnehmers, der an einem Podest hängen geblieben war und seinen Absatz verloren hatte. Raps, gelernter Schuster, wusste zu helfen. „Ich bin einfach schnell nach Hause gegangen und habe den Schuh wieder repariert“.
Der Bayerische Rundfunk strahlt in seinem Hörfunkprogramm Bayern 2 am Montag, 10. Januar, von 21.30 bis 22.30 Uhr in der Reihe „Theo.Logik – Über Gott und die Welt“ eine Sendung zum Thema „Aufbruch in der Kirche, damals und heute. Vor 40 Jahren begann die Würzburger Synode“ aus.
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